Der Tanz der Mada
Es begab sich auf einer Reise ins noch besetzte Oron, da wir nach langem Ritt und Konflikt mit den feindlichen Heerscharen unser Nachtlager aufschlugen. Die Nacht würde wieder kurz werden und nur ein paar Stunden Schlafe waren uns vergönnt und so beschloss ich einen Wachtrunk zu nehmen. Nach den Anstrengungen des Tages war ich zwar nicht mehr müde, dennoch machte sich Unstetigkeit in mir breit welche mir die innere Ruhe verwehrte. So übte ich mich denn, wie so oft, in der Meditation und dem Ritual der schreitenden Mada. Die Nacht war schon vorüber, die ersten Strahlen von Praios Scheibe ließen sich über den hoch aufragenden Maisstauden erahnen und meine Gefährten erwachten. Wolfhardt beobachtete mich in meinem Tun und bekundete ein Interesse daran zu erfahren in was ich mich übte. Es schien ihm wohl eine Ähnlichkeit aufgefallen zu sein, welche Geschichten zufolge auch den Tänzen der Hadjinim zu Eigen sein. So erklärte ich mich also bereit ihm dereinst die Mondfolge nahe zu bringen auf dass auch er daraus die Ruhe und Kraft schöpfen kann welche ich zu schätzen weiß.
Bevor ich dazu in der Lage bin muss ich jedoch selbst ergründen was der Tanz der Mada im Innersten ist und warum er jene Wirkung entfaltet die er hat.
Dies stellt meinen Versuch dar auf Papyrus zu bringen was ich weiß und vermute, wovon ich las, was ich hörte und welche Schlüsse ich zog. Erkenne meine Arbeit an, lass Dich inspirieren, ergründe das Unbekannte und korrigiere mich so du fündig wirst. Mein Name ist Taran, Sohn Muhameds der ein Sohn Ayabuns war, geboren auf den Reisfeldern vor Khunchom und ich bin zu großer Macht gelangt.
Die Geschichte der Mada
Dies lies nach in dem Epos das man “Vom Anbeginn der Zeiten – Die Annalen des Götteralters” nennt wenn Du in aller Ausführlichkeit die Geschichte der Mada kennen willst. Sollte Dich nur das Wesentliche interessieren so wisse, dass Mada dereinst, als Kind Hesindes und eines Sterblichen verbitterte ob der Machtlosigkeit seines Vaters Geschlechts und am Tag seines Wandels die Sphären durchstieß um diese zu einen. Jedoch gelang ihm dies nicht in der Vollständigkeit welche er beabsichtigte und so trieb er Kanäle bis in die sechste Sphäre welche ist die Sternenkraft. Und diese ergoss sich in die Sphäre der Menschen und die Leere dazwischen und so begab es sich dass die Menschen der Kraft habhaft wurden und ein neues Werkzeug in der Hand hielten ihr Geschick zu formen.
Der Mondzyklus oder auch der Tanz der Mada
Aus verbreiteter Literatur, hier sei zunächst der hylfreiche Leitfaden des wandernden Adepten genannt, kennen wir die fünf Kapitel der schreitenden Mada. Dort werden sie wie folgend aufgeführt.
Zunächst und als Erstes sei Madas Erkennen. Dies besteht der Literatur nach aus Entspannungsübung für Leib und Geist. Bekannte Formen sind je nach Kulturkreis und Meister das Lockern aller Muskeln durch Dehnungen, Liegen auf einem Bett oder die Form Schwertlilie im Wind. Zur geistigen Entspannung wird häufig das rezitieren verschiedener Canti empfohlen, seien es die sieben Prinzipien der allgemeinen Thaumathurgie oder Rashman Alis sieben Weisheiten. Auf jenen werde ich später noch näher eingehen.
Anschließend und als Zweites kennen wir Madas Besinnen. Die einleitende Meditation wird so gut wie immer bewegungslos durchgeführt und dient dazu den Einklang mit deiner Kraft herzustellen. Hilfsmittel hierbei kann sein der Weg zur ersten Pforte. Solltest Du erfahren genug sein, so kannst Du auch auf die reine Kraft Deines Geistes vertrauen und die Schranken zwischen Dir und der Kraft senken.
Darauf und als Drittes folgt Madas Spruch, des Öfteren auch als Madas Zauber benannt. Dafür erhebst Du Dich und vollführst eine mehr oder weniger komplexe Form, formst die Kraft und gibst Ihr Struktur und Eigenschaften nach der Art welche die von Dir gewählte Form vorgibt. Die Kraft strömt aus Dir hinaus und wieder in Dich hinein, Du unterwirfst sie Deinem Willen und erkennst Sie als Erweiterung Deiner selbst. Bei den wenigen mittelreichischen Magiern, die den Tanz der Mada häufiger praktizieren scheint sich die “Stufen nach Bosparan” einer gewissen Beliebtheit zu erfreuen. Persönlich bevorzuge ich Bastrabuns Siegel. Sollte ich viel Zeit haben, so ist auch die hohe Komplexität und Kaskadierung von Bastrabuns drittem Siegel sowohl Herausforderung als auch Übung die mich noch heute fordert.
Hast Du die Vierte Stufe erreicht, sie wird Madas Verhüllung, manches Mal auch Madas Gefangenschaft genannt, so versenkst Du Dich wieder in Meditation und beginnst mit der Beruhigung von Körper, Geist und Kraft. Hier kann Dir wieder eine der Techniken hilfreiche Dienste leisten, die Du schon bei Madas Besinnen eingesetzt hast.
Abschließend, als Fünftes erfolgt Madas Wiedergeburt. Sie schließt den Kreis des Mondzyklus und lässt Dich mit ruhigem Geist und gestärktem Körper wieder in die Welt ein. Richte dafür Deine Aufmerksamkeit auf Deine Kraft und senke die Schranken, welche Sie in deinem Leib hält. Deine Wahrnehmung richtest Du auf das hier und jetzt und konzentrierst Dich auf die vor Dir liegenden Aufgaben.
Einige Teile sind mir noch aus Zeiten meines Eleviums und Noviziums in der Chamib al’Tariqa unter Sahib Omar ibn Hayduk bekannt. Auch dort wurde mit Hilfe von Canti und Meditation das erste Handwerk der Wahrnehmung und Manipulation der Kraft geübt und verständig gemacht. In Essenz bringt der Tanz der Mada Dich in Einklang mit der Kraft und lässt Dich das grundlegende Handwerkszeug der Manipulation der Sternenkraft durchführen.
Die elf Schritte nach Rashman Ali
Aus den Schriften Rashman Alis Al’Raschida nurayan schah Tulachim habe ich nachfolgende Meditation entnommen die den von ihm formulierten elf Schritten folgt. Nach meinem Verständnis präzisiert es den Mondzyklus oder aber es mag die ursprüngliche Form sein von welcher der heute bekannte Tanz der Mada eine verkürzte Form ist.
Im ersten Schritt leere Deinen Geist, lege die Fesseln welche Dir das hier und jetzt auferlegt haben ab und löse Dich vom Zeitgeschehen. Dein Zielzustand sein frei von Gedanken und störenden Einflüssen.
Im zweiten Schritt verfahre ebenso mit Deinem Leib. Spüre zunächst Haut und Muskel, Fleisch und Blut, das Trommeln Deines Herzens und bewege Dich wie Dein Leib es vorgibt. So Du noch nicht soweit bist kannst Du anhand des Flugs des Kolibri Deine Glieder Kreisen lassen und löse so die Verspannungen und Ungleichgewichte welche Dich ablenken und zu sehr an die Welt des Stofflichen binden.
Ähnliches zu diesen beiden Schritten habe ich bereits in meinem Anweisungen zur Anrufung der Elemente beschrieben.
Im dritten Schritt spüre das Innen. Werde Dir Deines Geistes bewusst, erforsche Deine Emotionen und werde Dir ob Ihrer Ursachen klar. Erforsche Dich also selbst, sei Dir im Klaren wer Du bist, was Dich antreibt und reflektiere Deinen Sinn. Sodann befreie Dich von Ihnen, lege sie ab wie einen alten Kaftan und erhebe daraus allein Deinen reinen Geist mit seinen Möglichkeiten.
Im vierten Schritt nimm das Außen wahr. Erforsche Deine fünf Sinne und was sie Dir eingeben. Beginne mit Geruch und Geschmack Deiner Umwelt, fahre fort mit dem Tastsinn bei der Berührung von Haut auf Haut, dem Streicheln des Windes und der Form des Bodens unter Deinen Sohlen. Höre was Deine Ohren Dir flüstern, aber interpretiere nicht sondern achte nur auf das Geräusch an sich. Fahre fort mit dem was Du siehst und Ende mit Deinem dritten Auge das Dir die Kraft zeigt, welches sie Dich sehen und spüren, schmecken und auch hören lässt.
Im fünften Schritt fahre damit fort und erkenne die formbare Kraft als Rinnsal, als Teich und auch Meer welches stets im Fluss ist und doch immer den Ausgleich mit sich selbst sucht. Sie ist wie Sand den Du auftürmen kannst um Bildnisse zu formen und doch sind diese nicht von Dauer und verschwinden wieder in der Wüste.
Im sechsten Schritt manipulierst Du die Kraft, erforsche Ihre Beweglichkeit und interagiere mit ihr. Sie reagiert auf Deinen Körper und lässt sich verändern, sie hört auf Deinen Geist und beugt sich Deinem Willen.
Im siebten Schritt gibst Du Ihr Struktur und gezielte Form. Du malst ein Bild mit Ihr von loderndem Feuer, schaffst eine Linse um Wahrheit zu sehen und gibst Ihr einen Mund um Angst zu schreien oder Worte der Liebe zu flüstern.
Im achten Schritt führst Du Innen zum Außen, der Mund schreit und das Feuer brennt, die Kraft kommt aus dem Gleichgewicht und hat sich Deinem Willen gebeugt. Sie kommt aus Dir und geht in die Welt und ist nun für Dich verloren.
Im neunten Schritt verwischt Du das Bild im Außen, der Mund verblasst und die Linse löst sich auf in Staub, Du stellst das Gleichgewicht der Kraft wieder her und falls Du von hoher Kunst bist kannst Du einen Teil dieser Kraft wieder schöpfen.
Im zehnten Schritt beruhigst Du auch Dein Inneres Ungleichgewicht und bringst Kraft und Leib und Geist in den Einklang. Die Disharmonie durch Dein handeln verklingt und die Tür vom Außen zum Innen und vom Innen zum Außen wird geschlossen.
Im elften Schritt schaue auf Dein handeln, ergründe Ursache und Folge und Du kannst Erkenntnis erlangen.
Auch hier findet sich die grundlegende Manipulation der Kraft wieder, welche den Scholaren in den Akademien gelehrt wird direkt neben der Selbstreflektion und Erforschung des Geistes und des Körpers. Somit muss ich zu dem Schluss kommen, dass Rashman Ali Leib, Geist und Kraft auf ähnliche, wenn nicht gleiche Weise betrachtet hat und die Erforschung und Anwendung praktizierte. Folgt man ihm so ist auch Leib und Geist in ähnlicher Weise formbar und kann mit ausreichend Übung zur Meisterschaft gebracht werden. Die Meisterschaft in drei Disziplinen zu erreichen erscheint jedoch nicht in einem Menschenleben erreichbar so musst Du Dich entscheiden was für Dich das wichtigste sei. Um ein wahrer Meister zu werden erscheint es mir jedoch musst Du, gleich dem Kreis der Schlange, wieder an den Ursprung deiner Kunst, in die Tage eines Eleven zurückkehren und das grundlegende Handwerk neu ergründen um wahre Kunst daraus zu schaffen.