Bei Praios!
Schweren Herzens verabschiedet Wolfhart zur Rondrastunde des 4.PRA Wahnfried, Taran und Yann. Wahnfried, dem Ruf des Herzens folgend, hatte auf einen frühen Aufbruch gedrängt und sich schließlich auch durchgesetzt. Nun ist die Stunde der Trennung gekommen und mit viel Wehmut machen sich die drei endgültig auf den Weg. Um die Mittagsstunde bricht dann auch Durin auf, wobei er Wolfhart zum Abschied grimmig umarmt. Was ist aus eurem zwergischen Kameraden geworden? Immer wieder geht Wolfhart diese Frage durch den Kopf.
So verbleiben zunächst Coran und Lilu auf Gut Wetterfels. Und der Götterfürst scheint euch wohl gesonnen: Die Tage sind geprägt von herrlichem Kaiserwetter, soweit Wolfhart sich entsinnen kann hat er hier in seiner Heimat nur ein einziges Mal einen vergleichbaren Sommer gesehen. Doch Albernia ist das Land des Wassers und Efferd lässt es sich nicht nehmen, diesen Ruf Tag für Tag aufs Neue zu bestätigen: Meist erobert er zur Dämmerung, vom Belemann getrieben, das Firmament mit Wolken und beschließt die Tage mit mildem Sommerregen.
Während die Saat in sattem Grün auf den Feldern gedeihet, sind Wolfharts Tage emsig. Mit dem ersten Licht des Tages beginnt das Tagwerk zunächst mit einer etwa zweistündigen Trainingeinheit mit Coran.
Insgeheim ist dies Wolfhart liebster Teil des Tages, hat er doch mit Coran einen hervorragenden Partner. Auch das Bewusstsein, noch nie in solch guter Form gewesen zu sein, ist durch und durch motivierend. Zu oft schon hat Wolfhart gesehen, wie sehr sich die langen Stunden des Übens auszahlen, wenn es darauf ankommt, als das er hier noch nachlässig wäre.
Nach einer kräftigen Mahlzeit geht es dann zu Rosse ins Lehen. Bemüht sich ein Bild über die Lage seines Lehens zu verschaffen, werden nach und nach alle Taglager der Waldarbeiter angesteuert, die Felder inspiziert sowie die Handwerker besucht. Coran ist dabei stets an Wolfharts Seite, wohingegen Lilu ihre eigenen Wege geht. Dabei fällt zuvorderst positiv auf, dass egal wohin ihr eure Schritte lenkt, die Leute stets respektvoll grüssen. Es ist unverkennbar, mit welch Ehrfurcht Wolfhart von seinen Untergebenen begegnet wird. Begleitet werdet ihr auf eurem Weg die meiste Zeit von den dunklen, zauberhaften Schatten des Waldes. Ihr habt die großen, finsteren, gar unheimlich ewigen Wälder des Nordens gesehen: Nornia wie Bornwald. Der Schatten des Waldes hier ist ein anderer, wärmer irgendwie, jedoch würde nur ein Narr ihm nicht mit Respekt begegnen. Allerdings kann man die Art und Weise mit der die Waldarbeiter ihm gegenüber treten kaum noch mit Respekt beschreiben, es ist eine fast schon religiöse Furcht die Wolfhart hier beobachtet. Nun kann er, nach allem was er selbst gesehen hat, dies seinen Lehensleuten kaum übel nehmen, aber vor allem Coran weist von Beginn an auf einen sakrales Vakuum hin, welches hier nur allzu deutlich von Aberglauben gefüllt wird, wie seine Worte sind. Doch wie dünn ist oft der Wandel zwischen schlecht umschriebener Wahrheit und Aberglauben?
Hier fällt zusätzlich auf, dass Bier dem Albernier nicht nur Getränk für die abendliche Geselligkeit ist, sondern seinen Durst als wichtigstes, teils sogar einziges Getränk den ganzen Tag über löscht und er mit Leichtigkeit drei bis vier Maß davon täglich trinkt. Dabei muss jedoch gesagt werden, dass dieses Bier nicht mit dem Getränk der Gaststuben zu vergleichen ist.
So wird die gleiche Maische, drei bis viermal zum Brauen benutzt und das Bier am Ende ist kaum mehr als würziges Wasser.
Interessanterweise dürfte der absolute Grossteil davon aus dem Lehen von Wolfharts Bruder kommen, versorgt doch dessen Brauerei die gesamte Grafschaft und war von ehedem ein Standbein derer von Angbarer. Der Wortführer in Arken, dem Sommerlager der Holzfäller, ist ein Baum von einem Kerl namens Gaelwic, er hinterlässt bei Wolfhart einen geradlinigen und zuverlässigen Eindruck. Er informiert über Fortgang der Arbeit und genießt allgemein hohes Ansehen, das, wie man auf einfaches Nachfragen herausfinden kann, darauf zurückzuführen ist, dass er regelmäßig für die Interessen der Waldarbeiter bei Dorngrimm Wulfengart und den freien Bauern eintritt. Er ist es auch, der täglich zur Mittagsstunde im Lager ein Gebet an den Flussherren richtet.
Zusammenfassend ist das Bild, welches Wolfhart innerhalb von vier Tagen gewinnt, überaus erfreulich:
Mitte Praios warten insgesamt über hundert Stämme auf den Transport nach Havena, die dort einen Gegenwert von gut 1500 D haben werden und Gaelwic versichert, dass dies bis zur Ernte verdoppelt sei.
Die nächsten vier Tage reitet Wolfhart dann die Nabla ab, um den Zustand der Nordgrenze in Augenschein zu nehmen. Seit Frühjahr nun waren die Orks nicht mehr gesehen und Wolfhart will sich der Sache selbst annehmen. Wie ein endloses dunkles Band windet sich die Nabla durch ihr Bett. Das jenseitige Ufer verliert sich im grauen Dunst des allgegenwärtigen feinen Regens. Die Straße, die seinem Lauf folgt, ist kaum mehr als ein alter Knüppeldamm. Gegenüber des Flusses, auf der anderen Seite der Straße, schimmert das schwarze Reich des Eichkönigs, wie die Arbeiter den Wald dort nennen. Alles jenseits der Wege und zwischen den beiden Gewässern ist Sumpf. Mannshohes Schilf wiegt sich im Winde, verkrüppelte Weiden ragen alleine oder in Gruppen aus dem grünen Meer und weisen auf einen Pfad, eine Insel, etwas festen Boden hin. Kopfweiden stehen auch als Wächter der Wege, deren Lauf sie säumen. Hier und da sind zuweilen strohgedeckte Dächer oder ein paar rote Ziegel zu sehen – verstreute Zeichen menschlicher Besiedlung.
Von den Orks dagegen fehlt, Rondra sei’s gedankt, jede Spur.
Am nächsten Tage, dem 13. PRA, kommt schließlich die junge Neowen, eine Magd auf Dorngrimms Gut, nieder. In den frühen Morgenstunden schenkt TSA ihr eine gesunde Tochter, Mutter und Kind sind auch Dank Lilus Hilfe wohlauf. Zur Feier des Tages und um den Zwölfen zu danken lässt Dorngrimm schlachten und am Abend versammelt sich die Gemeinde Berlingheims zur Feier. Natürlich wird auch der Lehnsherr geladen, womit sich für Wolfhart die erste Gelegenheit ergibt, seine Vasallen näher kennen zu lernen. Ein ausgelassener Abend bei dem reichlich Gebranntes fließt, jedoch wirkt sich Wolfharts Anwesenheit ein wenig hemmend aus. Man will wohl nicht gleich zu Beginn negativ auffallen. Coran ist aber sehr angetan vom Brand, in dem Sinne, dass er ihn in den höchsten Tönen lobt, ohne dabei zuviel zu trinken. Einfaches Nachfragen ergibt dann, dass der Wetterfelser Schlehenbrand bis nach Havena bekannt ist.
Da man zu später Stunde nicht mehr die Heimreise antreten will, wird in Berlingheim genächtigt und so ergibt sich die Möglichkeit, am nächsten Tage die Höfe zu besichtigen. Das Bild, welches Wolfhart hier gewinnt, ist einzig mit vorbildlich zu beschreiben. Dorngrimm führt Wolfhart und Coran zwei Tage lang durch Ställe und Felder, seine Autorität unter den Bauern ist unangefochten, fast schon verdächtig gehorsam wird ihm begegnet. Die Felder stehen in vollem grün, so Efferd will könnte es die beste Ernte in zehn Jahren werden. Der Viehbestand hat sich erheblich erhöht, insgesamt beherbergen Wolfharts Ställe im Moment 61 Rinder, 60 Schweine und 49 Kühe. Sollte also kein Unglück geschehen, so wird sich im nächsten Herbst die Luxusfrage stellen, was man davon über den Winter bringen will. Dorngrimm spricht als Letztes auch einen schwelenden Konflikt mit Baronin Hylgwen von Inveric an: Alle Unfreien der Baronie sind zu 10 Tagen Frondienst im Jahr für die Baronin verpflichtet.
Die letzten Jahre pflegte sie diese stets zur besten Erntezeit einzufordern, gerade dann, wenn man jede Hand im Lehen selbst benötigt, was regelmäßig zu Ausfällen führt. Da man aber zusätzlich der Gräfin zu weiteren 10 Tagen Dienst verpflichtet ist, könnte es dieses Jahr ein ernstes Problem werden, denn entgegen der Gewohnheit Graf Raidris, diese im Frühsommer zu Ausbesserungen an den Wehranlagen Winhalls einzufordern, hat Gräfin Rhianna noch keine Anzeichen unternommen, an dieser Tradition festzuhalten.
Der Besuch bei den Handwerkern rundet schließlich Wolfharts Weg durchs Lehen ab. Dabei beginnt er mit den Bäckern, Sidhric in Arken, hatte er zuvor besucht, der Mann ist mehr Holzfäller als Bäcker, jedenfalls bleibt das für ihn zu hoffen. Die Arbeiter versicherten aber, dass sie stets mit seiner Kunst zufrieden seinen und essbar ist wohl, was er so produziert. Alrik in Berlingheim backt nach den strengen Regeln der Gilde in Havena, ebenso Answinn in Wetterfels, hier ist alles in bester Ordnung. Der Besuch bei Johnic dem Mueller tötet dann aber einen ganzen Nachmittag. Als erstes ist es verwirrend, dass überhaupt nur der Knecht Tayloc in der Mühle anzutreffen ist. Auf Johnic angesprochen, erwidert er, dass er alles im Griff habe und überhaupt, im Moment nicht viel zu tun sei. Als Wolfhart dann aber nicht locker lässt, führt er ihn widerstrebend zu seinem Herren: Der Mueller liegt stockbesoffen am Fluss hinter seinem Mühlrad. Als Wolfhart dann am Abend in Berlingheim den Schmied, Beran besucht, sticht dann wieder ins Auge, nun da Wolfhart sensibilisiert ist, dass auch er trinkt. Die Schmiede ist aber in guter Ordnung und auch Berans Zustand ist kaum zu bemäkeln. Coran hat jedoch alle Mühe, sich zurückzuhalten und den Mann nicht zurechtzuweisen. Hier gilt jedoch der unausgesprochene aber eherne Grundsatz, dass Vasallen auch nur von ihrem Herren gemaßregelt werden und Coran denkt nicht daran, ihn zu brechen.
Fast hätte Wolfhart am nächsten Morgen den Schnapsbrenner vergessen, denn am Morgen des 17. PRA verabschiedet sich Lilu. Der Abschied von Coran ist beiderseitig überraschend herzlich, jedenfalls versteht es Wolfhart so. Nur Corans Hinweis, dass man ja wohl kaum nach Wetterfels zurückkehren könne, ohne den Schlehenbrenner zu sehen, erinnert Wolfhart dann schließlich an seinen letzten Anlaufpunkt. Dieser ist aber ein besonderer: Wardmann Laera ist ein undurchsichtiger Mann mit wachen Augen, etwa Mitte vierzig, durch und durch trainiert und wirkt irgendwie gefährlich. Seine überaus höfliche Art macht Wolfhart eher misstrauisch, allerdings gibt es dafür keinen echten Grund, es ist mehr ein Gefühl, denn eigentlich ist alles vorbildlich. Der Mann ist frei, lebt seit 21 Hal im Lehen und hat es in der kurzen Zeit geschafft, sich mit seinem Schlehenbrand einen Namen im ganzen Fürstentum zu machen. Den Grund für die Brennerei hatte er von Wolfharts Vorgänger bekommen. Sie ist klein und gut gepflegt, alle Fragen jedoch, die über seine Arbeit hinausgehen, beantwortet er mit erschreckender Präzision, so dass man stets das Gefühl hat, sie wären zurechtgelegt. Ein erstes Nachfragen ergibt, dass offensichtlich niemand etwas über Wardhmanns Vergangenheit weiß.
So kehrt Wolfhart am 18. PRA nach Wetterfels zurück. Nach allem was er gesehen hat, ergibt sich für sein Hauptanliegen, der Wehrfähigkeit des Lehens, folgendes Bild: Aufgrund ihres Lebensstils sind die meisten Bewohner als wehrtauglich einzustufen, sogar erfreulich gut. Aber es fehlt eindeutig an Bewaffnung und Übung, denn hier war Wolfharts Vorgänger, Ritter Ugo von Ineric nachlässig: Eine einzige Wehrübung hat es 27 Hal gegeben, als das Reich zur Generalmusterung rief. Die letzten Übungen davor fanden noch unter dessen Vorgänger zu Zeiten des Orkkriegs statt, aus dem selbiger übrigens nicht zurückkehrte. Insgesamt ist die Wehrhaftigkeit des Lehens daher mit mäßig zu beschreiben. Es stellt sich für Wolfhart also die Frage: Was wird wann und in welcher Reihenfolge unternommen?