Ein Abend unter Freunden
Wie lang waren wir heut schon wieder unterwegs… ich weiß es nicht genau, aber es sind sicherlich schon wieder 8 Stunden reine Marschzeit. Wolfhart ist ein ausdauernder Marschierer und als so etwas wie unser Führer auf dem Weg zur Trollfaust verlangt er dasselbe Tempo auch von uns…
Uns, ja wir die wir schon so lange durch die Lande ziehen und den zwölfgöttlichen Landen unsere Dienste anbieten. Mal mehr Mal weniger aber doch meist derselbe Kern…
Wolfhart, unser Schwert und Schild
Durin, der Zwerg und Träger der Axt
Yann, unsere Stimme, Hand und göttlicher Beistand
ich, Taran, der Magier und Apothekarius
und weiterhin noch Lilu, Hexe und längere Begleiterin, sowie
Coran, Ehrenmann und Geweihter der Leyin, auch er hat uns von Zeit zu Zeit begleitet…verflixt, der Ast hätte mir beinahe das Gesicht zerkratzt. Wo ist Cianthai wenn man ihn braucht…
Ahh ich spüre ihn noch, er muss immer noch im Flussbett sein und dort den Aufstieg vornehmen. Ich muss mehr auf den Weg achten, aber bald werden wir uns sowieso ein Nachlager suchen, es dämmert schon langsam und hier im Wald kommt die Dunkelheit schneller als unter freiem Himmel. Wolfhart hält auch schon die ganze Zeit nach einem Plätzchen Ausschau…
Der kurze Moment, den ich brauche, einen Blick in die Runde zu werfen, gibt mir die Gewissheit, dass diese Begleiter wohl schon lange einen Platz an meiner Seite eingenommen haben. Jeder verhält sich so genau einem Muster entsprechend, das ich das Gefühl habe es ist seit ungezählter Zeit einstudiert…
Wolfhart ist natürlich nicht zu sehen, er ist in der näheren Umgebung unterwegs, macht sich ein Bild und sammelt Feuerholz für das Nachtlager. Yann, Durin, Coran und Lilu bauen die Zelte auf und jeder hält abwechselnd immer mal wieder den Kopf in die Luft und schaut in das Rund, zu sehen ob alles stimmt und dass auch kein ungebetener Gast plötzlich neben uns steht. Als wäre das noch nie vorgekommen…
Inzwischen habe ich Ysalmi, mein treues Grautier und Lastenträger angepflockt, das Geschirr und den Sattel abgenommen und eine Grube ausgehoben. Die ersten paar Hölzer und trockenen Äste flackern vor sich hin und erhitzen die größeren Scheite, welche Wolfhart aus dem Wald mitgebracht hat. Zeit Wasser zu holen…
Cyanthai steht stoisch nahe dem nunmehr kleinen Rinnsal und betrachtet die Umgebung. Ein kurzer Blick, wenn man das aus seinen vage ausgeformten Konturen schließen möchte, auf mich herab, dann geht der Blick wieder in Richtung Berge. Als hätte er mich nicht schon die ganze Zeit gespürt wie ich mich annähere. Um eine kleine Biegung herum kann ich mich schnell etwas frisch machen und Kanne und Wasserschlauch befüllen. Es wird frisch, Zeit ans Feuer zu kommen.
Wie nicht anders zu erwarten sitzen meine Gefährten inzwischen um das lustig knisternde Feuer herum und unterhalten sich. Aus der Entfernung waren sie kaum zu sehen. Schon beeindruckend was für simple Techniken großen Nutzen bringen. Hätte ich diese Leute nie getroffen, ich säße wahrscheinlich schon fett von gutem Essen in Khunchom, fertigte Artefakte für die noch fetteren Leiber der Herren der Stadt um deren Leben noch luxuriöser zu gestalten und ginge abends in eines der vielen Kaffeehäuser um mit Kollegen meines Standes den Tag ausklingen zu lassen. Blind und ohne die geringste Ahnung würde ich durchs Leben gehen und eines Abends wäre ein kleiner Messerstreich mein Ende in einer dunklen Gasse der Neunarmigen. Um nichts möchte ich die Strapazen der letzten Jahre missen. Die Entbehrung ist doch der beste Lehrer.
Dankbar nehme ich einen Zug von Yanns feiner gerollter und blase den Rauch langsam und stetig in die dunkle Nacht. Ein interessanter Anblick, mein weißer Atem vor schwarzen Baumwipfeln, beschienen nur durch den Schein eines Grubenfeuers. Es wird Zeit das Yann mir das Kunststück mit den Ringen beibringt. Nachdem der deftig gewürzte Eintopf aus Hülsenfrüchten und Fleisch endlich fertig ist setze ich Kaffee auf. Die Nacht wird wieder lang und kalt werden, wenigstens die Nachtwache sollte nicht darben müssen. Die Gespräche sind heute etwas anders als die der letzten Wochen. Coran hat sich und erst vor kurzer Zeit wieder angeschlossen und so muss er von den letzten beiden Jahren erzählen die wir ihn nicht gesehen haben. Fast hatte ich schon vergessen wie er von Zeit zu Zeit strenge Blicke wirft, sobald ihm etwas nicht passt. Meist trifft dieser dann Lilu oder Durin. Ich kann mich nicht dagegen wehren, aber dieses Gefühl der Ehrfurcht erfasst mich, als ich den strengen Blick über den verschränkten Armen und dem erhobenen Kopf im unsteten Licht des Feuers sehe. Ich möchte diesem Mann nie auf Leben und Tod gegenüber stehen. Ein kurzer Moment und das Gefühl ist von Satinav genommen. Es muss schon viel passieren bis die Zwölfe mich derart prüfen.
Ein Ruck an meinem Ärmel holt mich aus den Gedanken. Es ist Yann. Sein Gesicht ist mir nicht zugewandt, nur seine Augen wandern von meinen über Durin zur Waldkante. Sofort ist das Gefühl der Behaglichkeit verschwunden und eine feste Entschlossenheit erfasst mich. Konzentriert suche ich die Schatten ab auf der Suche nach den Ungereimtheiten. Er muss es gemerkt haben, denn die Hand legt sich nur auf meinen Arm. Diese Bewegung kenne ich, keine Aufregung, beruhige dich. Ich hab es so oft gesehen, dass es schon gar nicht mehr bewusst zu mir vor dringt. Durin, etwas mürrisch, über die Verpflegung und den Verzicht auf sein “gutes Ferdoker” ist wie so oft etwas eingenickt. Das Kinn auf der Brust, die Axt im Schoß döst er vor sich hin. Noch immer ein paar Spritzer Eintopf auf Bart und Kettenhemd. Man darf jetzt nicht den Fehler machen ihn zu erschrecken. Einmal hab ich mir den Spaß erlaubt, das werd ich nie vergessen. So schnell konnte ich nicht schauen, war er auf meiner Brust gehockt, meine Arme festgehalten und bereit mir seinen Stahlhelm ins Gesicht zu rammen. Erst da hat er erkannt wer ich bin. Aber das ist lange her, inzwischen passiert dass nicht mehr, nur noch Personen die ihn nicht kennen.
Lilu geht gerade zum Fluss, sich vor der Nacht noch zu waschen… da war der Spruch… und jetzt… ahh, da ist die Handbewegung. Ja, es ist alles in Ordnung. Schnell wird noch die Nachtwache eingeteilt bevor ich mich zu Bett begebe. So ein Mist, Hundswache, auch noch mit Wolfhart. Nicht das es nicht sicher wäre, ganz im Gegenteil, aber mit ihm muss ich die ganzen drei Stunden konzentriert bleiben. Naja morgen dann eine andere Schicht. Wenigstens sind die Zelte schön warm. Die Kohlepfannen haben sich gelohnt. Zufrieden und satt begebe ich mich in meinen Schlafsack und schließe die Augen. Meine letzten Gedanken schwirren um das Feuer, wo Lilu und Coran sich auf die Wache vorbereiten. Mir wird warm und ich höre Wolfhart neben mir schon regelmäßig atmen…
Hier kann mir nichts passieren…
…hier bin ich unter Freunden!